Grüne Ramelows Verzicht auf Schutzvorschriften «leichtsinnig»

Es gebe noch viele Menschen, die besonders gefährdet seien. «Da ist so eine Alles-geht-Botschaft, auch wenn wir alle eine Rückkehr zur Normalität wollen, verkehrt und zu leichtsinnig», sagte er am Montag in der Sendung «n-tv Frühstart».

Es gebe weder eine Therapie noch ein Medikament oder einen Impfstoff gegen Covid-19. «Deswegen sollten auch gerade Personen in Spitzenpositionen, wie ein Ministerpräsident, eher bremsen als den Beschleuniger geben», mahnte Kellner weiter.

Ramelow will vom 6. Juni an auf allgemeine, landesweit gültige Corona-Schutzvorschriften verzichten. Damit könnten die bisherigen Regeln zu Mindestabständen, dem Tragen von Mund-Nasen-Schutz sowie Kontaktbeschränkungen der Vergangenheit angehören.

Statt der bisherigen landesweiten Regelungen soll es in Thüringen künftig regionale Maßnahmen abhängig vom Infektionsgeschehen vor Ort geben. Dafür ist ein Grenzwert von 35 Neuinfektionen auf 100 000 Einwohner innerhalb einer Woche im Gespräch. Über die Details soll am Dienstag in einer Kabinettssitzung beraten werden.

Auch Thüringens Umweltministerin Anja Siegesmund (Grüne) warnte vor zu forschen Corona-Lockerungen. «Der Lockdown verlangt uns allen viel ab», schrieb sie auf Twitter. «Wir müssen aber aufpassen, dass wir angesichts des erfolgreichen Pandemiemanagements nicht leichtsinnig werden und überdrehen.» Sie sprach sich dafür aus, zunächst Kindergärten und Schulen voll zu öffnen und dann in Abstimmung mit den anderen Ländern weitere Schritte abzustimmen. «Das ist der Weg», betonte die Ministerin. dpa

Söder übt scharfe Kritik an beabsichtigten Lockerungen in Thüringen

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hat die Ankündigung von weitreichenden allgemeinen Lockerungen der Corona-Beschränkungen in Thüringen als «fatales Signal» bezeichnet.

Er bitte die Verantwortlichen in Thüringen darum, die Absicht zu überdenken, sagte Söder am Montag am Rande eines Besuches in einem Kindergarten in Nürnberg.

Bayern sei vom Infektionsgeschehen in der Nachbarschaft betroffen, sagte der Ministerpräsident. «Wir in Bayern waren besonders betroffen dadurch, dass wir an einer Grenzsituation zu Österreich waren. Wir haben jetzt die aktuelle Situation, dass wir beispielsweise im Raum Coburg eben von Sonneberg betroffen sind», sagte Söder mit Blick auf den thüringischen Nachbar-Landkreis.

Söder kündigte im Zweifel Gegenmaßnahmen an. «Wir werden uns da noch ein Konzept überlegen müssen, wie wir darauf reagieren», sagte er.

«Ich möchte nicht, dass Bayern noch mal infiziert wird durch eine unvorsichtige Politik, die in Thüringen gemacht wird», betonte er. dpa

Spahn kritisiert Vorstoß Thüringens bei Corona-Maßnahmen

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn hat die geplante Abschaffung der Corona-Schutzmaßnahmen in Thüringen in einem Zeitungsinterview kritisiert. «Es darf in keinem Fall der Eindruck entstehen, die Pandemie wäre schon vorbei», sagte der CDU-Politiker der «Bild»-Zeitung (Montag). Zwar gebe es Regionen, in denen tagelang keine Neuinfektionen gemeldet würden. Andererseits gebe es lokale und regionale Ausbrüche, die schnelles Eingreifen erforderlich machten.

Die Verantwortung dafür liege bei den Ländern.

Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Die Linke) hatte angekündigt, vom 6. Juni an auf allgemeine, landesweit gültige Corona-Schutzvorschriften zu verzichten. Damit würden landesweite Regeln zu Mindestabständen, dem Tragen von Mund-Nasen-Schutz sowie Kontaktbeschränkungen nicht mehr gelten. Anstatt dieser Vorgaben soll es dann regionale Maßnahmen abhängig vom Infektionsgeschehen vor Ort geben. dpa

Sachsen kündigt Wende bei Corona-Einschränkungen an

Nach Thüringen hat auch Sachsen eine grundlegende Änderung beim Umgang mit Einschränkungen in der Corona-Krise angekündigt. «Wenn die Zahl der Neuinfektionen weiterhin stabil auf einem niedrigen Niveau bleibt, planen wir für die Zeit ab dem 6. Juni in der nächsten Corona-Schutzverordnung einen Paradigmenwechsel», sagte Gesundheitsministerin Petra Köpping (SPD) am Montag in Dresden.

«Statt wie jetzt generell Beschränkungen zu erlassen und davon viele Ausnahmen für das zu benennen, was wieder möglich ist, wird dann generell alles freigegeben und nur noch das Wenige an Ausnahmen benannt, was noch nicht möglich sein wird», erklärte Köpping. Zuvor hatte die «Leipziger Volkszeitung» berichtet.

Die Regierung beobachte das Infektionsgeschehen sehr genau, um zu beurteilen, wir die aktuellen Maßnahmen wirken, sagte die Ministerin.

«Viel hängt davon ab, dass die Menschen Verantwortung übernehmen und sich an Abstandsgebot und Maskenpflicht halten. Man sieht bei den Infektionen in Gaststätten, Schulen, Kitas oder Gottesdiensten, wie schnell es zu einem Ausbruch kommen kann.» Ob und wann die Pflicht zur Mund-Nasen-Bedeckung und zum Abstandhalten aufgehoben wird, sollte bundesweit gemeinsam entschieden werden. dpa