Corona-Berlin Krankenhaus auf der Messe

In Berlin sollen vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie ab Mittwoch in großem Umfang Geschäfte schließen. Das entschied der Senat in einer mehrstündigen Sitzung am Dienstag. Der gesamte Lebensmitteleinzelhandel bleibe aber geöffnet, sagte Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Grüne). Auch Lebensmittelgeschäfte in Malls müssten nicht zumachen. Für Panik gebe es keinen Grund, sagte Pop - auch wenn in den sozialen Medien wegen der weiteren Einschränkungen des öffentliche Lebens nervöse Reaktionen zu erwarten seien.

Offen bleiben außerdem unter anderem Getränkemärkte, Imbisse, Backstuben, Banken, Drogerien und Apotheken, Poststellen, Tankstellen und Friseure. Auch Parks, Tiergärten und Spielplätze bleiben in Berlin geöffnet, Restaurants zumindest von 6 bis 18 Uhr. «Wir wollen das öffentliche Leben aufrechterhalten», erklärte Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD) - trotz der drastischen Einschnitte, die bereits absehbar seien. Bars und Clubs hatten bereits am Wochenende schließen müssen.

Der Berliner Zoo, das Aquarium und der Tierpark sind bis auf Weiteres geschlossen, wie der Zoo am Dienstag mitteilte - noch bevor der Senat seine Regelungen bekanntgegeben hatte. Bund und Länder hatten am Montag weitreichende Maßnahmen vereinbart, um die Ausbreitung des Virus zu bremsen. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) bemerkte dazu am Montag: «Das sind Maßnahmen, die es so in unserem Lande noch nicht gegeben hat.» Berlin hat sich daran orientiert, aber nicht alle Details umgesetzt.

Auch eine Ausgangssperre oder das Ausrufen des Katastrophenfalls hat der Senat nicht beschlossen. Kalayci räumte aber ein, das stehe im Raum. Wirtschaftssenatorin Pop ergänzte, es habe bei der Senatssitzung eine sehr ernsthafte Debatte gegeben, auch darüber, wie weit die Einschränkung von Freiheitsrechten gehen könne. 

Währenddesssen steigt die Zahl der Infizierten mit dem neuartigen Coronavirus ständig weiter: In Berlin gab es nach Angaben der Senatsgesundheitsverwaltung vom Montagabend 332 bestätigte Infektionsfälle, am Sonntag waren es noch 283. Das Robert Koch-Institut (RKI) schätzt die Gefährdung durch das Coronavirus für die Gesundheit der Bevölkerung in Deutschland inzwischen als «hoch» ein, wie RKI-Präsident Lothar Wieler am Dienstag in Berlin sagte.

Kalayci kündigte an, Berlin solle ein eigenes Krankenhaus für Covid-19-Patienten mit einer Kapazität von bis zu 1000 Plätzen bekommen. Es solle die gut aufgestellte Krankenhauslandschaft Berlins ergänzen und dazu beitragen, Engpässe zu vermeiden, sagte die Senatorin. Geplant ist ein Standort auf dem Gelände der Messe Berlin.

Nach Darstellung der SPD-Politikerin soll die Klinik in Zusammenarbeit mit der Bundeswehr aufgebaut werden. Bei dem Projekt handelt es sich nach dpa-Informationen allerdings um einen Plan, der noch nicht mit der Bundeswehr abgestimmt ist. Aus dem Verteidigungsministerium hieß es am Dienstag, ein Amtshilfeersuchen dafür liege nicht vor.

Bei den Berliner Kapazitätenn, Verdachtsfälle auf das neuartige Coronavirus zu testen, gibt es in Berlin Kalayci zufolge keinen Grund zur Sorge. In der Stadt seien 2000 Tests pro Tag möglich. «Das ist im Vergleich zu anderen Bundesländern sehr, sehr komfortabel», sagte die Senatorin.

Sie habe außerdem mit den Laboren Gespräche geführt. «Sie sind dabei, ihre Kapazitäten hochzufahren, eventuell zu verdoppeln.» Aber es bringe nichts, massenhaft Menschen zu testen. «Auch wenn wir dreimal, fünfmal so viele Testkapazitäten haben, müssen wir sie am Ende gezielt einsetzen.»

Sorgen machen dem Senat dagegen die wirtschaftlichen Risiken durch die Pandemie für die Berliner Unternehmen. Das Land Berlin legt angesichts der drohenden Einkommensausfälle ein Millionenprogramm zur Sicherung von Unternehmen und Arbeitsplätze auf. In einem ersten Schritt sollen für den «Schutzschirm» 100 Millionen Euro zur Verfügung gestellt werden, wie Wirtschaftssenatorin Pop ankündigte.  Danach sollen über den Liquiditätsfond insgesamt bis zu 200 Millionen Euro bereitstehen.

Steuervorauszahlungen werden laut Pop der Lage angepasst. Auch sollen zinsfreie Stundungen von Steuerschulden möglich sein. Dies sei mit der Finanzverwaltung abgesprochen. Die Hilfen seien für alle Branchen offen - von der Gastronomie und Hotellerie, den Clubs, der Kreativwirtschaft bis hin zu den Freiberuflern. Man wolle Unternehmen darin unterstützen, dass sie liquide bleiben, betonte die Wirtschaftssenatorin. Sie empfahl den Betroffenen, sich zunächst an ihre Hausbank zu wenden. dpa